LehrerInnengesundheit im Fokus: Das Projekt

 

Die Qualität von Bildung und Erziehung hängt maßgeblich vom Engagement und von der physischen und psychischen Gesundheit ihrer Lehrer/innen und Schulleiter/innen ab. Österreichs größtes und umfangreichstes Projekt zum Thema Lehrer/innen-Gesundheit trägt dem Rechnung.

Das Ziel

Ziel ist es, den Schulalltag und die Arbeitsbedingungen von Lehrerinnen und Lehrern zu hinterfragen und gemeinsam zu optimieren. Gleichzeitig sollen auch Möglichkeiten geschaffen werden, mit persönlichen Belastungen und Beanspruchungen besser umzugehen. Denn wenn wir Schulen wollen, deren Lehrende und Lernende nicht nur den Bildungsauftrag effektiv erfüllen, sondern dabei auch noch gesund und leistungsfähig bleiben, dann müssen die Qualität der Prozesse und die Gesundheit der Lehrer/innen im Fokus stehen und gefördert werden.

Im Zentrum des Projekts „Lehrer/innen-Gesundheit im Fokus“ steht die Verbesserung der schulischen Verhältnisse und der psychischen Gesundheit der Tiroler Pflichtschullehrer/innen.

Der Ablauf an den Schulen

Ein Rundumpaket für die ganze Schule.  Ausgebildete IEGL-ModeratorInnen arbeiten Hand in Hand mit dem Steuerteam der pädagogischen Hochschule an einem reibungslosen und effizienten Ablauf.

  • Das Erstgespräch findet dabei an der jeweiligen Schule statt. Das PHT Steuerteam bespricht mit der Schulleitung wichtige Fragestellungen und Knackpunkte. Ebenfalls besprochen werden die einzelnen Meilensteine im Projektverlauf und die Rolle und Aufgaben des/ der IEGL – ModeratorIn.
  • Gemeinsam mit dem/ der jeweiligen IEGL ModeratorIn erfolgt dann der Projektstart für das Kollegium. Das Projekt wird präsentiert, Fragen aber auch Bedenken sollen geäußert werden und schließlich wird anonym über die Teilnahme am Projekt abgestimmt. Nur dann, wenn 80% Zustimmung im Plenum erreicht wurden, kann das Projekt in die nächste Phase gehen.
  • Mittels einer Online-Befragung erfolgt die Analyse des IST-Zustandes an der Schule. An einem pädagogischen Tag werden die Ergebnisse aufbereitet, im Kollegium diskutiert und schulspezifische Interventionsmaßnahmen beschlossen. So vielfältig die Schulen sind, so verschieden werden auch die Maßnahmen sein, die sich aus der Online Befragung und den Diskussionen ergeben.

Das Projekt LehrerInnen-Gesundheit im Fokus setzt genau hier an: Jede Schule bekommt die Maßnahmen, die sie am Dringendsten brauchen – maßgeschneidert und ohne zusätzlichen finanziellen Aufwand. Selbstverständlich findet auch eine Projektevaluation statt. Nach 1 bis 2 Jahren hat jede Schule noch einmal die Möglichkeit, die Online Befragung zu nutzen – so kann überprüft werden, ob die Interventionen tatsächlich greifen und wo nachzuschärfen ist.

Eine Ablaufübersicht finden als Download weiter unten.

Zusätzliches

  • Das Projekt ist dabei auch für Kleinstschulen gedacht – auch hier soll Lehrer/ innen-Gesundheit zum Thema werden – mit eigener Reglung hinsichtlich Anonymität bei Befragungen etc.
  • Bei Bedarf gibt es begleitende Angebote für Schulleitungen und Steuerteams
  • Pro Schule steht ein Budget zur Verfügung, das auch die Maßnahmen beinhaltet
  • Etwaige Referent/innen werden von der PH Tirol vermittelt – ohne zusätzlichen Aufwand seitens der Schulleitung

Teilnehmen

Bewerben können sich alle Tiroler Pflichtschulen. Voraussetzungen dafür ist das Gütesiegel zur gesunde Schule Tirol und vor allem eine Zustimmung von 80% im Kollegium. Warum ist das so wichtig? Nur wenn das ganze Kollegium hinter dem Projekt steht, können Veränderungsprozesse wirklich in Gang kommen. Und nur so profitiert jede(r) Einzelne und die ganze Schule davon.

  • Als engagierte(r) Lehrer/in: Fordern Sie Informationsmaterial an und sprechen Sie mit Ihrer Direktion und dem Kollegium über die Chancen und Möglichkeiten, die sich durch die Teilnahme am Projekt ergeben.
  • Als engagierte (r) Direktor/ in: Sprechen Sie mit Ihrem Kollegium und loten Sie die Bereitschaft aller zur Teilnahme am Projekt aus. Kontaktieren Sie uns – wir beantworten Ihnen ihre Fragen und kommen gerne auf ein Erstgespräch vorbei.

Kontakt: Mail lehrerInnengesundheit@ph-tirol.ac.at, Tel 0512 59923 DW  3409 oder DW 5103, Projektleitung Mag. Marlies Kranebitter, Projektmitarbeitende Mag. Judith Graziadei und Mag. Gerald Beigl

Lehrer/innengesundheit im Fokus: Der Nutzen

Unterstützung: Jede Schule erhält ein erprobtes Konzept mit extra dafür ausgebildeten IEGL Moderatoren/ Moderatorinnen das

  • sich auf verbesserte Arbeitsbedingungen sowie gestärkte persönliche Ressourcen fokussiert!
  • speziell auf die Bedürfnisse der Schulen (auch Kleinstschulen) zugeschnitten ist!
  • die Arbeitsverhältnisse an den Schulen analysiert und die Belastungen und Beanspruchung der Lehrpersonen aufzeigt, um gemeinsam Lösungen zu finden!

Fachliche Begleitung: Schulleitung und Kollegien wissen danach wie´s geht durch eine externe fachliche Begleitung

  • konkrete Beratung von Schulleitungen bei der Schaffung gesunder Rahmenbedingungen, sowie persönlicher Weiterentwicklung
  • Gemeinsame Entscheidungen im Kollegium über konkrete Maßnahmen an der Schule moderiert von IEGL Moderatoren.

Rundumpakt: Finanziert wird ein Rundumpaket – vom Erstgespräch über die Fragebogenerhebung bis hin zu den Fortbildungsmaßnahmen und deren Evaluierung.

  • Kein zusätzlicher administrativer Aufwand (Projektanträge, Abrechnungen) für die Schulen
  • Referent/innen stellt die PHT zur Verfügung
  • Die Qualitätskontrolle übernimmt die PHT

 

Lehrer/innen-Gesundheit im Fokus: Der Fragebogen

Das internetbasierte Inventar zur Erfassung von Gesundheitsressourcen im Lehrerberuf -IEGL (Schaarschmidt & Fischer, 2008) ist ein Instrument zur Analyse des arbeitsbezogenen Verhaltens und Erlebens von Lehrerinnen und Lehrern sowie zur Einschätzung der konkreten Arbeitsverhältnisse an Schulen. Mit IEGL wird eine breit angelegte Erhebung der schulischen Verhältnisse vorgenommen. Gegenstand der Analyse sind zum einen die Lehrerinnen und Lehrer selbst, zum anderen die schulischen Bedingungen sowie das Führungsverhalten der Leitung. Selbstverständlich schließt das Projekt „Lehrer/innen-Gesundheit im Fokus: Gestärkt durch den Schulalltag“ die gesetzlichen Anforderungen der Evaluierung der psychischen Belastungen am Arbeitsplatz ein (vgl. § 4 i.V.m. § 7 B-BSG, Rundschreiben Landesschulrat für Tirol Nr. 5/2015). Beispielfragen und die Beschreibung finden Sie auch als Download weiter unten.

1. Die schulischen Bedingungen: Arbeitsbewertungscheck für Schulen

Die Beurteilung der Arbeitsverhältnisse erfolgt mit dem Arbeitsbewertungscheck für Schulen (ABC-L; Schaarschmidt, Kieschke & Fischer, 2016). Mit diesem Fragebogen schätzen die Lehrpersonen einer Schule sowohl die Stärken als auch die Defizite in den konkreten Arbeitsverhältnissen ein. Die Aussagen beziehen sich auf die pädagogische Arbeit im engeren Sinne, die sachlichen und organisatorischen Bedingungen und nicht zuletzt die sozialen Beziehungen.

Beispielfragen ACB-L:

Wie sehr trifft es zu, dass im Kollegium...

Bild entnommen aus: www.cooping-test.eu (Schaarschmidt/ Fischer)

Wie sehr trifft es zu, dass durch die Arbeitsorganisation an Ihrer Schule...

Bild entnommen aus: www.cooping-test.eu (Schaarschmidt/ Fischer)

2. Die persönliche Situation der Lehrerinnen und Lehrer: AVEM und BESL

Im Rahmen der personenbezogenen Analyse mit dem Fragebogen Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster (AVEM; Schaarschmidt & Fischer, 2008) wird danach gefragt, wie sich die Lehrerinnen und Lehrer mit ihren beruflichen Anforderungen auseinandersetzen, mit welchem Engagement, welcher Widerstandskraft und welchen Emotionen sie ihnen gegenübertreten. Darüber hinaus werden erlebte gesundheitliche Beeinträchtigungen mit der Beschwerden Liste (BESL, Schaarschmidt & Fischer, 2008) erfasst.

Das Ergebnis dieser Analyse erhält jede Lehrperson per Knopfdruck. Sie kann damit – ohne sich anderen offenbaren zu müssen – ihre persönlichen Gesundheitsressourcen erkunden sowie auf mögliche Risiken gesundheitsgefährdender Entwicklungen schließen und entsprechende Schlussfolgerungen ziehen.

Beispielfragen: AVEM (Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster)

Bild entnommen aus: www.cooping-test.eu (Schaarschmidt/ Fischer)

Beispielfragen: BESL - Beschwerdenliste

 Bild entnommen aus: www.cooping-test.eu (Schaarschmidt/ Fischer)

3. Das Führungsverhalten

Mit dem Kurzcheck zum Führungsverhalten (KF-S/F; Schaarschmidt & Fischer, 2013) haben die Leitungsmitglieder von Schulen die Möglichkeit, eine Selbsteinschätzung ihres Führungsverhaltens vorzunehmen und mit den mittleren Fremdeinschätzungen der Mitarbeiter/innen zu vergleichen, um eine Rückmeldung zu ihrer Arbeit einzuholen. Die Ergebnisse der Selbst- und der Fremdeinschätzungen können nur von den Führungskräften selbst eingesehen werden.

Beispielfragen Führungsverhalten

In welchem Maße trifft für die Schulleitung/ Direktion zu, dass er/ sie...

Bild entnommen aus: www.cooping-test.eu (Schaarschmidt/ Fischer)

4. Auswertung und Ergebnisse

Alle Einzelergebnisse werden in einem Bericht für die Schule zusammengefasst, der die Grundlage für die Diskussion und Ableitung von Schlussfolgerungen durch Leitung und Kollegium bildet. Neben Gesamtdarstellungen erfolgt eine differenzierte Betrachtung nach jenen Merkmalen, die für die Ableitung von Schlussfolgerungen und die Begründung von unterstützenden Maßnahmen bedeutsam sind (wie Alter, Geschlecht, Art der Tätigkeit und Tätigkeitsumfang, Beschäftigungsverhältnis usw.).

In keinem Fall werden im Bericht für die Schule die Ergebnisse von Einzelpersonen dargestellt, und die Daten werden stets so zusammengefasst, dass sie nicht einer konkreten Person zuordenbar sind. Aus diesen Gründen ist die Anonymität aller Teilnehmenden in vollem Umfang gewährleistet.

Lehrer/innen-Gesundheit im Fokus: Die Hintergründe

Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass der Beruf der Lehrerin/ des Lehrers einer der anstrengendsten Berufe ist (Burnout, Frühpensionierungen, etc.). Das betrifft vor allem die psychischen Belastungen, die der Lehrberuf mit sich bringt. Der Gesundheitsstatus der Lehrerinnen und Lehrer ist in mancher Hinsicht problematisch (Altenstein, 2013). Damit büßen die Beschäftigten Lebensqualität ein und sind mitunter nicht in der Lage, ihren beruflichen Anforderungen voll gerecht zu werden. Dies kann auch negative Folgen für die Schülerinnen und Schüler, die öffentlichen Haushalte und letztendlich für die gesamte Gesellschaft haben.

 

Potsdamer Lehrerstudie (2000–2006) und die Entwicklung gesundheitsförderlicher Arbeitsverhältnisse aus eigener Kraft

An der Studie nahmen rund 16.000 Lehrer/innen aus ganz Deutschland teil sowie etwa 2.500 Lehramtsstudierende und Referendar/innen. In der ersten Etappe wurden zudem etwa 1.500 Lehrer/innen aus anderen Ländern zu Vergleichszwecken miteinbezogen sowie annähernd 8.000 Vertreter/innen anderer Berufe (insgesamt 28.000 Stichproben). Die Studie hat insgesamt, bezogen auf alle Regionen, ein problematisches Bild der Beanspruchungssituation im Lehrerberuf ergeben. Hervorzuheben war dabei, dass

  • sich die Lehrerschaft auch von anderen zum Vergleich einbezogenen Berufsgruppen durch die ungünstigeren Ergebnisse abhob
  • es kaum regionale und auch geringfügige schulformspezifische Unterschiede gab
  • sehr deutliche Geschlechterdifferenzen auftraten – zuungunsten der Frauen
  • eine progressive Verschlechterung der Beanspruchungssituation über die Berufsjahre hinweg festzustellen war (was für die Vergleichsgruppe nicht galt).

 

Im Jahr 2013 wurde eine Belastungsstudie für die Tiroler Pflichtschullehrer/innen durchgeführt:

  • Lehrer/innen sind belasteter als andere Berufsgruppen, besonders an den Neuen Mittelschulen. Männer und ältere Lehrer/innen haben ein wesentlich höheres Burnout Risiko.
  • Mehr als die Hälfte der an der Befragung teilnehmenden Lehrer/innen gab an, dass ihr Unterricht häufig bzw. sehr häufig gestört wurde. Diese Lehrer/innen haben ein erhöhtes Burnout Risiko.
  • Über 50 % ihrer Arbeitszeit benötigen die Lehrer/innen im Schnitt für Tätigkeiten außerhalb des Unterrichts. Wer 70% oder mehr benötigt, hat ein erhöhtes Burnout Risiko.
  • Drei Förderungsmaßnahmen mit den besten Bewertungen für Praxistauglichkeit sind schulautonome Regelungen, Teamteaching und standortbezogene Förderkonzepte (vgl. Hotter, 2013).

Lehrer/innen-Gesundheit im Fokus Die Projektpartner

 

BVA, Landesstelle Tirol

Land Tirol, Sanitätsabteilung des Landes und Abteilung Bildung

 

Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) - Fördergeber

 

PHT – Projektleitung Gesamtprojekt